Schädel und Unterkiefer. Zum „Urschlitten“ von Joseph Beuys

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie - Tập 3 - Trang S7-S11 - 1999
H. Schulz1
1Ehemaliger Chefarzt, Institut für Pathologie, Städtische Kliniken Osnabrück, , ML

Tóm tắt

Zusammenfassung Josef Beuys (1921–1986), einer der bedeutendsten deutschen Künstler am Ende des 20. Jahrhunderts, hat sich – was kaum bekannt ist – in seinem Werk intensiv mit dem Schädel unter verschiedenen Aspekten auseinandergesetzt. Zähne, besonders Molaren, sowie Geweih und Hörner als organoid ausdifferenzierte Bildungen von Hartsubstanzen des Viszerokraniums brachte Beuys sehr bildhaft unmittelbar mit dem strömenden Kreislaufprinzip in Verbindung. Darüber hinaus hat Josef Beuys, besonders in seinem zeichnerischen Frühwerk, den Unterkiefer durch einen Schlitten ersetzt. Der Künstler erfindet hierbei interessante, sehr eigenwillige Konstruktionen, die besonders die Gestaltung des Kiefergelenks und der kranio-vertebralen Übergangszone betreffen. Spezielle Konstruktionsmerkmale vom Schlitten zeigen formal eine auffallende Analogie zum aufsteigenden Unterkieferast. Die Basis des Corpus mandibulare wird zur Gleitfläche, zu Schlittenkufen verwandt. Durch die Verwendung eines Schlittens anstelle des Unterkiefers werden Fragen der Bewegung sowie der Einwirkung von Kräften auf den Schädel und auf die Erde initiiert. Das zunächst nicht kategorisierbare Anatomieverständnis des Künstlers, das eine naturwissenschaftlich ausgerichtete Medizin weit überwindet, ist von seinem Denken, seinem Energieplan und von seiner Metamorphosenlehre geprägt. Josef Beuys verweist mit seinem Schädel-Urschlittenthema auf transitorische Bewußtseinsschichten zwischen Tod und Leben. „Kopf“ und „Schlitten“ sind bei Josef Beuys schon sehr früh Formen plastischen Denkens.