Rhetorischer Disput im Dienste staufischer Kreuzzugspolitik Zu Walthers Spruch vom ‘drîer slahte sane’
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte - Tập 67 - Trang 221-251 - 2017
Tóm tắt
In der Rolle eines rhetoricus transferiert Walther hier den zu Beginn des 13. Jahrhunderts geführten Disput über die antiken genera dicendi in eine — an das regierungsmächtige consilium regium gerichtete — Bitte um ‘Hilfe’ für das für ihn neue poetische Genre eines Kreuzzugs-Aufrufes im Sinne Friedrichs II. an die zerstrittene und kreuzzugsmüde deutsche Ritterschaft.
Tài liệu tham khảo
Zitiert nach Karl Lachmann, Carl von Kraus (Hrsg.), Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, 13. Ausgabe von Hugo Kuhn, Berlin 1965.
Carl von Kraus, Walther von der Vogelweide. Untersuchungen, Berlin 1935. Im folgenden als WU gekennzeichnet.
Friedrich Neumann, “Zu Sparnaays Aufsatz ‘Drier slahte sane’”, AfdA 73 (1961), 79f.
Friedrich Maurer, Die politischen Lieder Walthers von der Vogelweide, 3. Aufl., Tübingen 1972, 107 f.
Theodor Nolte, Walther von der Vogelweide. Höfische Idealität und konkrete Erfahrung, Stuttgart 1991, 87–96.
Wilhelm Wilmanns, Viktor Michels, Walther von der Vogelweide, hrsg. und erklärt, 2 Bände, Bd. I, 4. Aufl., Halle 1916, 152f., Bd. II, Halle 1924, 309f.
Henry Sparnaay, “Zu Walthers ‘Drier slahte sane’”, Neophilologus 19 (1934), 102–107, wieder abgedruckt in: Siegfried Beyschlag (Hrsg.), Walther v. d. Vogelweide, WdF CXII, Darmstadt 1971, 109–116. Danach hier zitiert.
Grundlegend zum Thema genera dicendi: Franz Quadlbauer, Die antike Theorie der genera dicendi im lateinischen Mittelalter, Österreichische Akad. d. Wiss., phil.-hist. Klasse, Sitz, ber., 241. Bd., 2. Abh., Wien 1962, 1–267.
Außerdem: Ferdinand Urbanek, “Lob- und Heilsrede im ‘Rolandslied’ des Pfaffen Konrad. Zum Einfluß einer Predigt-Spezies auf einen literarischen Text”, Euphorion 71 (1977), 209–229; ders., “Die drei Minne-Exkurse im ‘Tristan’ Gottfrieds von Straßburg”, ZfdPh 98 (1979), 344–371. — Paul Klopsch, Einführung in die Dichtungslehren des lat. Mittelalters, Darmstadt 1980.
Konrad Burdach, Walther v. d. Vogelweide, Bd. I, Leipzig 1900, 85.
Hennig Brinkmann, “Studien zu Walther von der Vogelweide. II. Text”, PBB 63 (1939), 346–398, hier: 386.
Selbst Karl Kurt Klein, “Zum dichterischen Spätwerk Walthers v. d. V. Der Streit mit Thomasin von Zirkaere”, Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft VI: Germanisti-sche Abhandlungen, Innsbruck 1959, 63–91, wieder abgedruckt in WdF CXII, W. v. d. V. (Anm. 5), 539–576, der auch den minimalsten Bezugnahmen auf Thomasins Welschen Gast in Walthers Werk nachspürt, erwähnt mit keinem Wort dabei unseren Spruch, trotz der Kenntnis von Burdachs und Sparnaays Hypothese.
Deswegen schließt auch Christa Ortmann diesen Spruch zu Recht völlig aus in ihrer Untersuchung von Walthers Sangsprüchen mit m/7te-Thematik: “Der Spruchdichter am Hof. Zur Funktion der Walther-Rolle in Sangsprüchen mit ra/7te-Thematik”, in: Jan-Dirk Müller, Franz Joseph Worstbrock (Hrsg.), Walther von der Vogelweide. Hamburger Kolloquium 1988 zum 65. Geburtstag von K.-H. Borck, Stuttgart 1989, 17–35.
Vgl. Wilmanns/Michels (Anm. 4), I, 156; - Kurt Herbert Halbach, Walther v. d. V., 3. Aufl., Sammlung Metzler, M 40, Stuttgart 1973, 97. — Maurer (Anm. 3), 108.
Vgl. M. S. Heffner und W. P. Lehmann, A Word-Index to the poems of Walther von der Vogelweide, 2. Aufl., Wisconsin 1950, 52.
Walther v. d. V., Sämtliche Lieder, hrsg. und übertr. F. Maurer, UTB 167, München 1972, 243.
Konrad Burdach, “Der mittelalterliche Streit um das Imperium in den Gedichten Walthers”, DVjs 13 (1935), 509–562. — Ders., Walther v. d. V. Philologische und histor. Forschungen, 1. Teil, Leipzig 1900, Vorwort, XVIIff., 187, 219, 260.
Dagegen zu Recht die grundsätzlichen Zweifel von G. Hahn, “Möglichkeiten und Grenzen der politischen Aussage in der Spruchdichtung Walthers v. d. V.”, in: Christian Cormeau (Hrsg.), Deutsche Literatur im Mittelalter. Kontakte und Perspektiven. Hugo Kuhn zum Gedenken, Stuttgart 1979, 338–355, hier: 345–350f. — Die Bedeutung der deutschen Königskanzlei, besonders in den Jahren 1220–34, wurde meist überschätzt. Sie war — im Gegensatz zur kaiserlichen — alles andere als eine zentrale Behörde mit Befugnisgewalt. Dazu vgl.Paul Zinsmaier, “Untersuchungen zu den Urkunden König Friedrichs II. 1212–1220”, Zeitschr. f. d. Gesch. des Oberrheins 97 (1949), 369–466; ders., “Studien zu den Urkunden Heinrichs (VII.) und Konrads IV”, ebd., Bd. 100, 445–565, hier besonders: 557f
Hans Martin Schaller, “Die Kanzlei Kaiser Friedrichs IL, ihr Personal und ihr Sprachstil”, Archiv für Diplomatik, Schriftgesch., Siegel- und Wappenkunde 3 (1957), 207–286 und 4 (1958), 264–327.
Vgl. S. Isaacsohn, De Consilio regio a Friderico 11 in Germania instituto. Commentano historica, Diss. Berolini 1874, 11–18.
Hier sind alle Belege für ‘consilium regium’ in den Regesten zusammengestellt. - Eduard Winkelmann, Kaiser Friedrich IL, I. Band: 1218–1228, Jahrbücher der deutschen Geschichte I, Leipzig 1989, 350–360, 488–495.
Th. Curtis van Cleve, The Emperor Frederick 11 of Hohenstaufen. Immutator Mundi, Oxford 1972, 350f.
O. Engels, Die Staufer, Urban Taschenbücher 154, Stuttgart 1972, 122.
Vgl. Umberto Eco, Einführung in die Semiotik, UTB 105, 5. Aufl., München 1985, 149f.
Vgl. W. Gurlitt, “Musik und Rhetorik. Hinweise auf ihre geschichtliche Grundlageneinheit” (1944), in: W. Gurlitt, Musikgeschichte und Gegenwart. Eine Aufsatzfolge, hrsg. H. H. Eggebrecht, Teil I: Von musikgeschichtlichen Epochen, Wiesbaden 1966. Nirgendwo in diesem grundlegenden Aufsatz ist von einer Drei-Teilung des Gesanges in Theorie oder Praxis die Rede. Vielmehr heißt es dort: “Überlieferungsgemäß gehört demnach die Musik recht eigentlich in die Reihe der im frühscholastischen Trivium zusammengeschlossenen sprachlichen Grundwissenschaften, der artes sermonicales oder artes dicendi, der ‘formalen’ bzw. ‘aktiven’ Schulkünste der Grammatik, Rhetorik und Dialektik (Logik). Unter diesen ‘Trivialkünsten’ ist sie in der ‘Trivialschule’… der Grammatik und Rhetorik benachbart” (68). Selbst die “quadriviale musica… steht in nächster Nachbarschaft zur… trivialen Grammatik und Rhetorik” (69). — Auch auf meine Anfrage bei einem der führenden heutigen mediävistischen Musikwissenschaftler, Prof. Fritz Rekkow, Erlangen, erhielt ich die briefliche Antwort, daß auch er “mit Blick auf Walthers Aussage sehr skeptisch” bezüglich einer musik-theoretischen Dreier-Einteilung sei: ”… sämtliche der musikalischen ‘Dreier’ scheinen mir zu speziell zu sein, und eine spezifische musikalische Dreiteilung nach rhetorischen Stilebenen ist zu jener Zeit… nicht entdeckt bzw. identifiziert worden.”
Vgl. Bachofer, v. Hahn, Mohn, Rückläufiges Wörterbuch der mittelhochdeutschen Sprache, Stuttgart 1984, 49. (Danach hätte allein das ausgefallene hochdeutsche Wort ‘lede’ / ‘Ladung’ mit ‘rede’ reimen können.)
Reichlich Belege allein schon bei E. Farai, Les Arts Poétiques du XIIe et XIIIe Siècle. Recherches et Documents sur la Technique littéraire du Moyen Age, Paris 1924, 86 ff. — Quadlbauer (Anm. 6), passim.
Gottfried von Straßburg, Tristan, Bd. I: Text mittelhochdeutsch — neuhochdeutsch, hrsg. von Rüdiger Krohn, Reclam 4471, Stuttgart 1980, 291.
Der “mittelalterliche Stil”, wie H. Brinkmann, Zw Wesen und Form mittelalterlicher Dichtung, Halle 1928, 100ff., diese Weiterbildung sehr unglücklich, weil viel zu pauschal, nannte.
Vgl. Gustav Ehrismann, “Untersuchungen über das mhd. Gedicht von der Minneburg”, PBB 22 (1897), 257–341, hier: 322, mit reichlichen Textbelegen.
Burdach (Anm. 7), 85. - Antonin Hruby, “Die Ausbeutung der scholastischen Erkenntnistheorie bei den höfischen Dichtern des Hochmittelalters”, in: Tradition und Ursprünglichkeit, Akten des III. Internat. Germanistenkongresses 1965 in Amsterdam, Bern/München 1966, 165f. (“Walther erweist sich als fein unterscheidender Scholastiker, der eine außerordentlich gute Schulbildung genossen haben muß”, 166). -
Joachim Bumke, “Walther v. d. V.”, in: Ursula Liebertz-Grün (Hrsg.), Höfische Literatur, Deutsche Literatur, eine Sozialgeschichte, hrsg. A. Glaser, Bd. I, rororo 6250, Reinbek 1988, 193.
Vgl. Ludwig Rockinger, Briefsteller und Formelbücher des 11. bis 14. Jhdt.s, 2. Abt., Quellen zur bayrischen und deutschen Gesch. 9, 1. und 2. Abteilung, München 1863f.; Ch. S. Baldwin, Medieval Rhetoric and Poetic (to 1400), interpreted from representative works, 2. Aufl., Gloucester, Mass., 1959, 213–225
J. J. Murphy, Rhetoric in the Middle Ages. A History of Rhetorical Theory from Saint Augustine to the Renaissance, Berkely, Los Angeles, London 1974, 203–240
Gert Ueding, Bernd Steinbrink, Grundriß der Rhetorik, Stuttgart 1986, 63–66
R. Fichtenau, “Rhetorische Elemente in den ottonisch-salischen Herrscherurkunden”, MIÖG 68 (1960), 39–62.
Schaller, “Die Kanzlei Kaiser Friedrichs II.” (Anm. 21), III, 207–286, IV (1958), 264–327, hier: 268f., 280, 286ff.; Otto Vehse, Die amtliche Propaganda in der Staatskunst Kaiser Friedrichs IL, München 1929, 146ff.
F. Philippi, Zur Geschichte der Reichkanzlei unter den letzten Staufern…, Münster 1885, 47ff.
Rudolf von Ems, Alexander. Ein höfischer Versroman des 13. Jhdt.s, hrsg. Viktor Junk, Leipzig 1928, 114–116 (V.3119–3170).
Zur Problematik von offizieller Auftragsdichtung (Staufen-Tropaganda’-These) oder konventioneller Spruchdichter-Rolle vgl. G. Hahn (Anm. 21), 345ff., 350ff. - Ferner besonders H. Wenzel, “Typus und Individualität. Zur literarischen Selbstdeutung Walthers v. d. V.”, Internationales Archiv für Sozialgeschichte der dt. Lit. 8 (1983), 1–34, hier: 16ff.
Vgl. Winkelmann (Anm. 22), 240ff.; Ernst Kantorowicz, Kaiser Friedrich IL, 5. Aufl., Stuttgart 1980, 128ff.; van Cleve (Anm. 22), 161–170
E. Horst, Friedrich der Staufer. Eine Biographie, 2. Aufl., Düsseldorf 1979, 117–128.
Zur antiken und mittelalterlichen Affektenlehre vgl. besonders K. Dockhorn, “Die Rhetorik als Quelle des vorromantischen Irrationalismus in der Literatur- und Geistesge-schichte”, in: ders., Macht und Wirkung der Rhetorik. Vier Aufsätze zur Ideengeschichte der Vormoderne, Bad Homberg, Berlin, Zürich 1968, 52ff. — Dazu Ueding, Steinbrink (Anm. 44), 258ff.