Die postmortale Gewebeentnahme für Transplantationszwecke

Rechtsmedizin - Tập 12 - Trang 365-370 - 2002
R. Dettmeyer1, B. Madea1
1Institut für Rechtsmedizin, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn

Tóm tắt

Zusammenfassung Die normative Regelung der postmortalen Gewebeentnahme zu Transplantationszwecken durch das Transplantationsgesetz (TPG) von 1997 verzichtet auf eine Differenzierung zwischen der Entnahme von parenchymatösen (durchbluteten) Organen und Geweben bzw. Gewebeteilen vom Leichnam. Dies gilt, obwohl bei der Entnahme von Geweben ohne Verlust der Transplantatqualität ein Zeitraum auch nach dem Auftreten sicherer Todeszeichen verbleibt, die Notwendigkeit einer Hirntodfeststellung somit nicht erkennbar ist. Zugleich schreibt das TPG einerseits detailliertere Vorgaben fest bezüglich der Einbeziehung der Hinterbliebenen bei fehlendem Einverständnis des Verstorbenen mit der Gewebeentnahme, obwohl andererseits die Gewebeentnahme für diagnostische Zwecke im Rahmen einer regulären Obduktion nicht nur als selbstverständlich gilt, sondern an den entnommenen Organ- bzw. Gewebeproben grundsätzlich sogar ein zivilrechtlicher Eigentumserwerb möglich ist. Die Wertungswidersprüche verstärken sich, wenn man bedenkt, dass Angehörige nie oder extrem selten überhaupt Ansprüche auf autoptisch entnommene Gewebe erheben, deren Entnahme für Transplantationszwecke aber dennoch nicht einmal unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstands gemäß § 34 StGB zulässig sein soll. Die Entscheidungen der Rechtsprechung verlangen zumindest eine Einbeziehung bzw. Anhörung und Aufklärung der Hinterbliebenen vor Durchführung einer Obduktion, ohne jedoch das Procedere festzuschreiben. Entscheidende Bedeutung kann hier den sog. Sektionsklauseln in den Krankenhausaufnahmeverträgen zukommen. Als praktikable und auch verfassungsrechtlich unbedenkliche Alternative bietet sich hingegen zumindest für die Gewebeentnahme zu Transplantationszwecken eine Widerspruchslösung an, entsprechend den Regelungen in Österreich oder in zahlreichen Kantonen der Schweiz. Eine bundesweit einheitliche Regelung – wie seit Jahrzehnten gefordert – wird jedoch ohne Abgabe der Gesetzgebungskompetenz für das Obduktionsrecht an den Bundesgesetzgeber kaum zu erwarten sein.