Beiträge zur Psychopathologie der Schwerhörigen
Tóm tắt
Nach zeitlichem Auftreten und Grad des Gehördefektes werden Schwerhörige, Ertaubte und Taubstumme mit angeborenem oder frühzeitig erworbenem Defekt unterschieden. Diese Gruppeneinteilung bewährt sich auch bei der Betrachtung psychopathologischer Phänomene, wie sie von akustisch Geschädigten dargeboten werden. Es konnten vorstehend 12 Fälle mit allen Graden des Gehördefektes, unterschiedlichsten Persönlichkeitsstrukturen und mannigfaltigen Erlebnis- und Reaktionsweisen mitgeteilt werden. Schwerhörigkeit befällt meistenteils allmählich, selten plötzlich eine bereits ausdifferenzierte Persönlichkeit, die ihrem Wesen gemäß über eine Reihe von Kompensationsmöglichkeiten verfügt. Die Art der Ausgleichfindung richtet sich nach Alter, Geschlecht, Umwelt, Bildungsstand und Persönlichkeitstyp unter Berücksichtigung des jeweiligen Grades der Schwerhörigkeit. Pathologische Reaktionsformen werden nur bei konstitutioneller Disposition beobachtet, jedoch kann die Manifestationsschwelle für psychopathische oder endogen psychotische Exacerbationen durch die Schwerhörigkeit stark abgesunken sein. Das Entstehen einer Neurose allein vom Sinnesdefekt her ableiten zu wollen, erscheint nicht berechtigt. Es müssen Konfliktbereitschaft und auslösende Erlebnisse hinzutreten. Der totale Gehörverlust nach Abschluß sprachlicher Entwicklung unterliegt den gleichen Regeln wie die Schwerhörigkeit, nur sind sämtliche Reaktionen entsprechend gesteigert. Besonders nach längerem Bestehen der Taubheit bilden sich Charaktereigenschaften aus, die man allgemein den Hörgeschädigten als spezifisch zuordnet, wie etwa Mißtrauen, Überheblichkeit, Selbstüberschätzung bei sozialer Insuffizienz. Die Taubstummen beanspruchen durch ihren Mangel an abstraktem Denkvermögen und ethisch-moralischen Begriffen vorwiegend leistungspsychologisches Interesse. Sie sind auf das konkret Anschauliche angewiesen und haften an gefühlsbetonten Vorstellungskomplexen. Ihr geringes geistiges Leistungsvermögen beruht oft nicht allein auf der sprachlichen Unterentwicklung, sondern kann auch durch einen organischen Hirnschaden, als dessen Folge meistens erst das Gehör verloren geht, mitbedingt sein. Darum ist bezüglich der Diagnose eines angeborenen Schwachsinns bei Taubstummen Vorsicht geboten. Im Zuge der früheren Zwangssterilisationen war diese diagnostische Entscheidung besonders gewichtig. Die forensische Psychiatrie hat sich sowohl mit taubstummen Verbrechern, als auch mit taubstummen Zeugen zu beschäftigen, wobei es nicht nur auf das Leistungspsychologische ankommt, sondern auf die Motive im Zusammenhang mit der durch die Gehörlosigkeit verzerrten Persönlichkeitsstruktur. Psychosen bei Schwerhörigen und Taubstummen sind stets darauf zu prüfen, ob der Sinnesdefekt das souveräne reaktive Moment darstellt oder ob eine endogene Psychose durch die Einschränkung des Hörvermögens lediglich pathoplastisch gefärbt wird. Besondere Beachtung verdienen die „pseudoakustischen Halluzinationen“ angeboren Taubstummer, weil von da aus ein Weg zum Verständnis der Halluzinationsgenese sich öffnet.
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